Die Qualität von Licht wird laut Mona Kuhn in farblichen Nuancen und - so seltsam es klingen mag - auch in Tönen gemessen bzw. an der Abwesenheit von letzteren. Die Fotografin hat diese empirische Erfahrung in fotografische Bilder übersetzt. Dem Licht entgegen, führte sie ihre Reise in die Joshua-Tree-Wüste in Kalifornien.

Während eine klassische Symphonie sich in Rhythmen und der Entwicklung eines anfänglichen Motivs aufbaut, wird das Potential von Licht über seine rhythmische Erscheinung und evolutive Intensität wahrnehmbar. Der Betrachter unterscheidet die Abfolge  chromatischer Effekte und das Spiel der Schatten. Je gesättigter das Licht, desto weniger Schatten und desto schwächer die Geräusche.

Im Orchester wartet jedes Instrument auf seinen Einsatz oder auf ein Aussetzen. Alles scheint angesichts der zunehmenden Lichtstärke der Sonne zu verstummen. Die Helligkeit beugt sich der Zeit, im vollen Licht halten sich nur wenige flüchtige Momente. Nichts kann den Schatten lange verbannen, sobald die Sonne den Zenit überschreitet, wird er sich neu erfinden.

Der Eindruck, der von diesem magischen Moment ausgeht, ist berauschend. Verstummen sogar die Insekten in der Mittagssonne? Es herrscht völlige Stille. Eine Illusion? Diese vergängliche Ruhe ist nicht isoliert. Die Geräuschkulisse wird ersetzt durch eine Reihe optischer Phänomene: Reflexionen.

Das Licht zeichnet nicht greifbare, transparente Bilder in die Wüste. Spiegelungen. Bilder entstehen und zeigen sich wiederholt - spiegelverkehrt und kopfüber. Oben und Unten fließen ineinander; Fernes vermischt sich mit Nähe. Die Erscheinungen überlagern sich. Linien krümmen sich in der strahlenden Sonne. Die Wahrnehmung nimmt surreale Züge an. Paradoxerweise erscheint sämtliches Licht statisch inmitten der flimmernden Luftmassen.

Plötzlich nehmen die Schatten wieder Form an und brechen die Visionen. Geräusche leben auf und beenden die einzigartige Stille.

Text: A. Meyer / Clervaux - cité de l'image


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Ausstellungsansicht

Abbildungen © CDI 2019