Licht ist ein globales Phänomen. In seinem natürlichen Zyklus unterliegt es den Gesetzen eines rhythmischen Wechselspiels. In seinem künstlichen Kontext entzieht es sich diesen Regeln.

Anders als sein natürliches Gegenstück erweist sich Industrielicht als kontrollierbare Lichtquelle. Die feinen Unterschiede in der Intensität und die reichhaltigen Farben, die während des authentischen Wandels von Tag und Nacht beobachtet werden, sind jedoch in dem vom Menschen überarbeiteten Szenario ausgeschlossen. Man denke an ein universell einsetzbares System, das sich in linearer Form präsentiert: die Neonröhre.

Die Leuchtstoffröhre ist für Gilles Coulon zum Mittelpunkt einer fotografischen Arbeit geworden. Seit 2000 untersucht er weltweit ihre visuellen Effekte.

Das Neonlicht vermittelt eine eigene Symbolik. Es beleuchtet Durchgangsorte sowie rein funktionale Plätze und kennzeichnet sie als solche. Das charakteristische Licht ist stimmungsgebend. Die so entstandene Atmosphäre wirkt sowohl lyrisch als auch eintönig und karg. Die Räumlichkeiten - Wartezimmer, Supermarkt, Bahnsteig oder Bushaltestelle - erscheinen unpersönlich.

Obwohl das Neon in seiner Leuchtkraft jedes Dekor effektiv ausstrahlt, ist seine Wahrnehmung wenig erhellend. Gilles Coulon zeigt das Objekt mit allen überflüssigen Seiten und in all seiner unerwarteten Pracht. „White Night" verdrängt die Dunkelheit und raubt dem nächtlichen Firmament die Sterne. Kann die Leuchtröhre den Menschen inspirieren, so wie einst das Mondlicht vor ihr?

Text: A. Meyer / Clervaux - cité de l'image

www.tendancefloue.net/gillescoulon

Ausstellungsansicht

Abbildungen © CDI 2020