Die fotografischen Bilder von Brooke DiDonato vermitteln künstlerische Subversion auf sanfte und betörende Weise. Die Fotografin zeigt eine scheinbar friedliche und idyllische Welt. Die entspannte Atmosphäre ist geprägt von der Ästhetik der 1950er Jahre. Dabei fühlt sich der Betrachter an den American Dream erinnert. Die Vorstellung des gemütlichen Heims oder des gepflegten und ordentlichen Gartens spiegelt sich in den Motiven wider, und die Kulturlandschaft wird in sorgfältig zusammengestellten Ansichten beleuchtet. Das Farbenspiel schmeichelt dem Auge, das Dekor ist ansprechend, wie in einem Einrichtungskatalog. So stellt sich denn auch auf den ersten Blick ein Gefühl des Vertrauens und der Sicherheit ein. Die Abzüge lassen glauben, dass alles ist, wie es sein sollte - wie immer halt ...
Aber der Kopf erkennt schneller als das Auge: Jedes Bild ist geprägt von etwas Skurrilem, etwas Unausgewogenem, einer verzerrten Inszenierung der Wirklichkeit. In diesem surrealen Kosmos verströmt jede Fotografie ein Gefühl von unmittelbarer Gefahr. Gleichzeitig zeugen die Bilder von einem fesselnden Humor. Diese ach so ruhige Welt, in der das Leben einem gemäßigten und menschenfreundlichen Rhythmus zu folgen scheint, ist reine Täuschung, denn schnell offenbaren die Bilder eine verstörende Dimension - versteckt ... oder vielmehr höchst offensichtlich! Die Lüge liegt auf der Hand, sie beruht auf der fehlenden Logik des Dargestellten, der Zweckentfremdung vertrauter Gegenstände oder dem Ignorieren physikalischer Gesetze, auf manipulierten Gewohnheiten, unvollständigen, ja ungewöhnlichen Figuren und enttäuschten Erwartungen.
Die Bilder von Brooke DiDonato führen ein Eigenleben und entziehen sich jeglicher Norm. Sie bilden zwar gewohnte Formen nach und bedienen sich der gängigen Regeln der Bildkomposition, doch es ist alles nur Illusion. Brüche sind allgegenwärtig und schleusen das Paradoxe ein. Authentisch und nüchtern zeigen die Fotografien völlig unvermittelt, was sie sind: Bilder, Illusionen, nichts als visuelles Storytelling.
Die Fantasie kann vielerlei Gestalt verleihen - sogar die ungewöhnlichste. Und dabei degradiert sie dieses Spiel keineswegs zur Banalität, da sie hier schlichtweg in Perfektion beherrscht wird ...
Text: A. Meyer / Clervaux - cité de l'image
Übersetzung: S. Cremer
Brooke DiDonato (*1990) lebt und arbeitet hauptsächlich in New York (USA). Nach dem Studium des Fotojournalismus an der University of Kent entwickelte sie eine persönliche Arbeit, in der sie den durch das Medium der Fotografie induzierten Begriff des Realismus hinterfragt. Indem sie durch „visuelle Anomalien" verzerrte Szenen des alltäglichen Lebens darstellt und sie in ein pastellfarbenes Universum taucht, das an den amerikanischen Traum der Fünfziger erinnert, hebt sie besonders die suggestive Kraft des Geschichtenerzählens durch Bilder hervor. Sie stellt regelmäßig in der ganzen Welt aus - in den Vereinigten Staaten, Kanada, Frankreich, Deutschland und dem Vereinigten Königreich.
Text: Agence VU' (www.agencevu.com) / Übersetzung Sabine Cremer
www.brookedidonato.com
Ausstellungsansicht
Abbildungen © CDi 2021