Fluffy Clouds
Auf den ersten Blick wirken Jürgen Nefzgers Bilder keineswegs abschreckend. Seine Landschaftsdarstellung irritiert den Blick des Betrachters nicht, der seine Umgebung in all ihren Einzelheiten wiedererkennt: das Alltägliche.
Aber schließt dieser Ansatz nicht jede Art von Hinterfragung aus, die das Unbekannte und wenig Banale sucht, die weder Enttäuschung noch Mühen scheut, um die Welt mit wachem, kritischem Auge zu beurteilen?
Die zeitgenössische Landschaft orientiert sich an den Bedürfnissen der Menschen und folgt den Gesetzen von Wirtschaft und Freizeitgestaltung. Der Mensch ist einfallsreich. Seine Erfindungen bringen ihm Behaglichkeit und wiegen ihn in Sicherheit. Genügend Gründe also, seine eigene Landschaft zu gestalten. Erfindungsgabe definiert die Jahrhunderte, bestimmt die Zeit und drückt der Geschichte ihren Stempel auf. Die modernen Bauten zeigen sich monumental und komplex. Aus der Ferne betrachtet, verschmelzen sie mit der Kulisse und scheinen am Horizont zu verschwinden.
Eine recht angenehme Betrachtung - wäre da nicht dieser kleine Bruch, der dem Auge nicht verborgen bleibt: Die Wolken steigen senkrecht in den Himmel. Welch seltsames Phänomen. „Fluffy clouds" - flauschige Wolken - von reinem Weiß durchziehen den klaren Himmel. Und plötzlich ist die Wahrnehmung des Betrachters eine ganz andere: Die Bauten im Hintergrund sind deutlich als Atomkraftwerke zu erkennen. Ihre Dunstwolken hängen schwer über der Landschaft und drohen sie still und heimlich zu kontaminieren.
Jürgen Nefzger ist es gelungen, die unsichtbare Dimension der Realität bildlich festzuhalten und sie dem Betrachter bewusst zu machen. Die Ästhetik der Vertrautheit ist nur fiktive Idylle. Trotz ihres Namens und flauschigen Aussehens prägen diese Wolken den weiten, unendlichen Himmel und hinterlassen strahlende, gar bedrohliche Spuren.
Text: Annick Meyer
Jürgen Nefzger (*1968, Fürth, Deutschland) lebt und arbeitet in Paris und Nizza.
Ausstellungsansichten
© CDI 2011