Enosim - Âmes Guerrières
Die Renaissance des Abfalls oder die ökologische Implikation
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlebte die Kunst die Renaissance des entweihten Werks, indem sie die Abfälle der Konsumgesellschaft als Material einführte. So wurde das reale Objekt Teil des Kunstobjekts. Je mehr sich beide annähern, desto mehr scheint die Kunst mit dem wirklichen Leben verbunden zu sein: Sie ist nicht mehr nur Abbild der Wirklichkeit, sondern wird selbst zum Objekt. Im nächsten Kapitel wird der Alltagsgegenstand zur Kunst, als Readymade erhält er seine Würde durch eine einfache Entscheidung des Künstlers...
Die Zeit, die Geschichte schreibt, ist aber auch Zeuge eines anderen Prozesses. Wenn es dem Menschen nicht nur an Kreativität, sondern auch an Bewusstsein mangelt und sich stattdessen Sorglosigkeit breit macht, wird der Abfall der Industrie nicht in einen künstlerischen Diskurs eingebracht, sondern ins Meer geworfen!
Die Natur vergeudet kein Material. Sie bearbeitet die Formen wie der Bildhauer das Holz. Der Verfall übernimmt das Kommando, er vernichtet nie, sondern verteilt seinen Adel immer zu gleichen Teilen.
Man sagt, das Meer gibt alles zurück, was es aufgenommen hat. So kommt der Abfall an die Oberfläche. Einst vom Menschen verlassen, wartet der denaturierte, weil seiner Funktionalität beraubte Schrott auf den Moment der Konfrontation mit seinem Schöpfer.
Die Konfrontation ist spektakulär: Manch einer schaut sich verwundert um, bleibt mit offenem Mund stehen, weil er ein vertrautes Gesicht zu erkennen glaubt? Die gealterten Züge des Trümmerstücks erinnern an die menschliche Gestalt, auch wenn es sich um eine archaische Impression eines Menschenbildnisses handelt.
Der andere ist souverän und gleichzeitig träge, er bleibt - ohne Kommentar.
Text: Annick Meyer
Ausstellungsansichten
© CDI 2015