Die Definition von Heimat findet sich in allen Sprachkulturen wieder, auch wenn nicht jeder Sprache dafür ein einzelner, geläufiger Begriff zur Verfügung steht. "Heimat" bündelt unterschiedliche Bedeutungsebenen.

Auf räumlicher Ebene steht die Heimat in Bezug zu einem bestimmten Ort, zu einer definierten Region, deren Erkundung und Orientierung keine Herausforderung mehr darstellt, sondern durch Vertrautheit mit Wohlbefinden in Verbindung gebracht wird.

Auf sozialer Ebene wird sie mit Gemeinschaft und Zugehörigkeit gleichgestellt: der Schoss der Familie, der Kreis von Freunden, im Zusammenspiel mit Traditionen und Gebräuchen.

Auf sentimentaler Ebene zeichnet das subjektive Gedächtnis ein klares Bild von Heimat aufgrund von Erinnerungen und persönlicher Erfahrung.

Schlussendlich ergibt diese Vielschichtigkeit von „Heimat" ein komplexes Konstrukt, das sich eher emotional ausrichtet, als sachlich zu begreifen ist.

Der Versuch „Heimat" auf visueller Ebene zu erläutern führt unweigerlich zur deutschen Romantik und den darin enthaltenen Paradigmen. Die Heimat sieht sich verwoben mit der romantischen Landschaft, großartigen Naturaufnahmen, die durch ihre Erhabenheit und Schönheit bestechen.

„Schönheit steht unter Ideologieverdacht. Genau wie der Begriff Heimat."

Ariel Hauptmeier aus Peter Bialobrzeski „Heimat", Hatje Cantz Verlag, 2005

Demnach wird das Wort „Heimat" zur Polemik zwischen der individuellen Aneignung des Begriffs im privaten Rahmen und dem Missbrauch auf öffentlicher und politischer Bühne. Die Dualität des Begriffs erscheint beeindruckend: die Sehnsucht nach Idylle und Ideal verläuft parallel zu Verlustangst und Intoleranz.

Peter Bialobrzeski stellt sich dieser Brisanz. Ist die Frage nach Schönheit - einer rein subjektiven Form der Wahrnehmung - in der zeitgenössischen Fotografie überhaupt noch möglich? Lässt sich auf Basis emotionaler Begriffe ein sachlicher Diskurs führen, oder steht das Gefühl im unversöhnlichen Widerspruch zum dokumentarischen Charakter eines Bildes? Kann man „Schönheit" getrennt von nostalgischem Empfinden darstellen?

„Heimat bedeutet Wurzeln zu haben, nicht notwendigerweise verwurzelt zu sein", sagt Bialobrzeski. Seine Bilderreihe „Heimat" versucht dies zu untermauern. Mit seiner Arbeit „Die zweite Heimat" bringt er die Fragestellung auf eine neue Ebene und erweitert die Bedeutung von Heimat um eine Öffnung nach außen: die eigene Heimat kann die 2. Heimat von jemand anderem sein.

Text: A. Meyer, Clervaux - Cité de l'image

https://www.bialobrzeski.de/

Ausstellungsansicht

Abbildungen © Blitz Photo Agency / CDI