Anna Lehmann-Brauns fotografiert Räume und Architekturen. Dabei reiht sie sich jedoch nicht in die Architekturfotografie ein. Auch widerspricht sie der Annahme, eine dokumentarische Arbeit zu machen.
Die Berliner Fotografin ist vielmehr mit einem „Director of Photography" zu vergleichen. So wie im Film gestaltet sie ihre Bildwelten mit Hilfe von Licht und Schatten. Von ausgewählten Positionen heraus kombiniert sie ihre Blickwinkel mit subjektiver, räumlicher Vorstellung, basierend auf Stimmungen und Erinnerungen.
Es sind stille Kompositionen, welche Schatten in gleichem Maße wertschätzen wie Lichtverhältnisse, auf die sie sich berufen. So gesehen gibt es fast einen Bezug zum künstlerischen Stillleben. Menschenleer weisen die Räumlichkeiten nur unbelebte Elemente auf, Objekte, Gegenstände, die den Raum geräuschlos bevölkern.
Das stille Licht kontrastiert oft mit dem dargestellten Inhalt. Die Fotografin führt den Betrachter in nächtliche und urbane Dekors - Kinos, Diskotheken, Hotels, Filmkulissen. Dynamische, lärmende Räume mit Geschichten und Bewegung. Hier sammeln sich Gegensätze. Das nächtliche Dunkel behauptet sich gegen künstliche Beleuchtung. Das Aufeinandertreffen beider Phänomene ist prägend für das Werk von Anna Lehmann-Brauns. Beide Welten fließen ineinander wie zäher, tauber Nebel, der die realen Grenzen verwischt.
„Sun in an Empty Room" ist nicht nur der Name einer Bilderreihe, sondern auch ein Zitat und damit ein Verweis auf Edward Hopper. Dem Meister gelang es in seiner Malerei, mittels Wiedergabe von Licht und Schatten skulpturale Räume auf die flächige Leinwand zu übertragen, ohne etwas von der Tiefe seiner Motive einzubüßen. Entstanden sind chromatische Stimmungen, die sich in eine Epoche einfügen, deren Merkmale sie widerspiegeln.
Anna Lehmann-Brauns Arbeit funktioniert in ähnlicher Weise: Licht dringt in und aus dem dunklen Raum und offenbart zeitgenössische Kulissen mit individuellem Charakter. Die Schatten entweichen still und leise in die Nacht.
Text DE : A. Meyer / Clervaux - cité de l'image
Ausstellungsansicht
Abbildungen © Edouard Olszewski